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Layla Juma & Carolin Kropff

Layla Juma & Carolin Kropff

20. 05. 2023

18 bis 22 Uhr

Die Ausstellung wird von einem Text der in Frankurt lebenden Philosophin Angelica Horn begleitet. Siehe unten.

Layla Juma (geboren in 1977 in Sharjah) ist eine multidisziplinäre Künstlerin aus den Emiraten. Juma, die sowohl Künstlerin als auch Architekturingenieurin ist, interessiert sich für Kompositionen aus sichtbaren und fühlbaren Verbindungen. Indem sie mit abstrakten Konzepten und physischen Formen experimentiert, erforscht sie Zusammenhänge von Elementen des Seins. Ihre Arbeiten sind oft offen und doch ausgewogen, wobei jede Komposition eine Schicht von aufgespürten Zusammenhängen präsentiert.

Juma, der seit Anfang der 2000er Jahre Mitglied der Emirates Fine Arts Society ist, gehört zur dritten Generation von emiratischen Künstlern und lässt sich von bedeutenden konzeptionellen Pionieren der VAE inspirieren - wie Hassan Sharif und Mohammed Kazem.

Layla schreibt über ihre Arbeit:
My multidisciplinary practice incorporates sculpture, drawing, painting, and digital art. I am interested in geometric shapes and the composition elements of shapes, such as lines and connection points. To me, these elements have expressive qualities to create new and infinite compositions, as seen in architecture and urban planning for example. They are also elements present in us, humans, and can be used to portray the tiniest creatures and immensity of the universe.

My approach relies on several techniques, including repetition, incompleteness, and infiniteness, or continuity in which a number of ways remain to complete the work and read its visual interpertations. My application of repetition is to assert the importance of a meaning or to assert the continuation and continuity of a visual idea that may sometimes lead to the making
of something else. My work also references human qualities and human nature through carefully placed visual imbalances and imperfections.

Sie beteiligte sich an Ausstellungen in den VAE und auf internationaler Ebene, wie unter anderem: From Barcelona to Abu Dhabi: Works from the MACBA Art Collection in dialogue with the Emirates, Manarat Al Saadiyat, Abu Dhabi, VAE (2018); Portrait of a Nation, Me Collectors Room, Berlin, Deutschland (2017); There Are Too Many Walls But Not Enough Bridges, Kunst(Zeug)Haus, Rapperswil-Jona, Schweiz
(2015); Emirati Expressions III: Realised, Manarat Al Saadiyat, Abu Dhabi, VAE (2014); MinD/Body, DUCTAC’s Gallery of Light, Dubai, VAE; Singapore Bienniale (2008); and Cairo Bienniale (2006).

Layla lebt und arbeitet in Sharjah, VAE.

Aisha Alabbar Gallery

Carolin Kropffs künstlerische Arbeit bewegt sich zwischen den Bereichen der Bildenden Kunst, des Kunsthandwerks mit Fokus auf überlieferten Methoden der Herstellung und soziokulturellen Aspekten und der Kunstvermittlung. Ihr Schaffen umfasst verschiedene Medien wie Malerei, Druckgrafik, Textilkunst und Projekte im Bereich Socially Engaged Art (SEA).

Kropff untersucht den Zusammenhang zwischen der persönlichen Erfahrung und überliefertem, kollektiven Wissen, das von Generation zu Generation weitergegeben wird. Dabei untersucht sie wie Bilder entstehen, in welchem Zusammenhang sie mit Geschichtenerzählen und der Zuweisung von Bedeutungen stehen und welche Bedeutung dem gewählten Material innewohnt. Sie setzt ihre Beobachtungen und Analysen in künstlerische Prozesse um, die durch das gewählte Material, das Medium und spezifische Herstellungsmethoden geprägt sind.

Sie hat im In- und Ausland ausgestellt, wie unter anderem: Inner City (G), Glue, Berlin, Deutschland (2022); Experimentelle Korrespondenzen (G), MACS - Museum für Zeitgenössische Kunst, Sorocaba, Brasilien und Ausstellungshalle 1a, Frankfurt/M (2016);

Paradise Lost (E), WOLFSTÆDTER Galerie, Frankfurt/M, Deutschland (2014);

Re-Represented Portraits (E), Laboratoire d’Art Beirut, Libanon, (2012); 2011 MinD (G), DUTAC Dubai, VAE (2012); 29EXH (G), Sharjah Art Museum Sharjah VAE (2011); FataMorgana (E), XVA Gallery, Dubai, VAE (2010); Made in Tashkeel (G), Tashkeel (G), Dubai, VAE, (2008); Blachfeld (G), auswärts kunstraum Frankfurt/M, (2003); Stuttgart 17.7.1956 – Salem (Wis.) USA 3.3.1977 (G), Portikus in Frankfurt, Deutschland (1998); Kunsthaus am Tierpark (G), Dortmund (1994); Spektakel (G), Museum am Ostwall, Dortmund (1993); Kunststudenten stellen aus (G), Museum Beckum (1991).

Carolin lebt und arbeitet in Frankfurt am Main und Bad Vilbel.

Übergang und Verbindung

Zur Ausstellung von Layla Juma und Carolin Kropff im Studiospace Lange Straße 31

von Angelica Horn

 

Ein ganz besonderes Gleichgewicht erreichen die beiden künstlerischen Positionen dieser Einabendausstellung der Reihe „“, die doch so verschieden sind. Das Gemeinsame ist, daß beide Künstlerinnen mit bedruckten Papieren arbeiten, die sie zerschneiden und collagieren – und dann wird es verschieden.

 

Die ausgebildete Architekturingenieurin Layla Juma montiert ausgeschnittene Stücke aus kariertem Papier mit kleinerem und größerem blaufarbigem Raster auf einem weißen Din A 4 Blatt. Dabei gibt es auf jedem eine oder mehrere Leerstellen, Lücken ohne gerastertes Papier, am Rande oder auch in der Mitte des Blattes gelegen. Die Papiere sind in der Regel in der normalen Position von senk- und waagrechter Ordnung angebracht, aber es gibt auch zweimal ein um 45 Grad gedrehtes Papierstück.

Auf diese Weise hat nun Layla Juma eine Struktur angelegt, auf der nun ihre zeichnerische Arbeit stattfindet und in der diese eine Orientierung hat bzw. finden kann.  Mit Tinte werden einzelne Linien in dem jeweiligen Gelände gezogen, wobei der Betrachter rätseln mag, welche wohl die erste war und welche die nächstfolgende, vielleicht die benachbarte, welche Modifikationen sich in der Länge und auch der Ausrichtung der jeweiligen Linien ergaben und wie das Ganze systematisch zusammenhängt. Es gibt waagrechte, senkrechte und schräge Linien, viele Parallelen; zuweilen verhalten diese sich wie Bündelungen zueinander, dann wieder gibt es ganz offene Strukturen und Verhältnisse, auch Rahmenartiges und Zentrierung, Auseinanderlaufendes und Zusammenlaufendes. Jedes Blatt ist ganz anders.

Diese Vorgehensweise birgt unendliche Möglichkeiten in sich, die sich letztlich gar nicht ausschöpfen lassen. Hier sehen wir zehn Resultate vor uns. „Specific Paths“ (2022) lautet der Titel, der auf jedem Blatt unten angegeben ist mit der Nummer des jeweiligen Blattes, so daß der Betrachter auch die Entwicklung von Blatt zu Blatt beobachten kann und sich über die orientierende Funktion des „Geländes“ und der Freistellen Gedanken machen kann. Es gibt kein System, wie diese Pfade gezogen werden müßten, aber sie sind spezifisch – ausgewählt und besonders in ihrem Ausdruckscharakter im Einzelnen wie im Zusammenhang. Es scheint Regeln zu geben, aber nicht eindeutig festgelegte.

Die Pfade sind mit freier Hand angelegt. Es gibt den jeweiligen Übergang von einem Kreuzungspunkt des Rasters zu einem nächsten, wobei dieser an der Kästchenlinie entlang oder schräg durch das Kästchen hindurch erfolgen kann. Das Innehalten an dem Kreuzungspunkt verursacht eine pünktchenhafte Verdichtung der Linie. Es ist kein Weg vorgegeben – der Pfad muß allererst gefunden werden. Das ist eine Frage des Gespürs und der Empfindung.  Es gibt nicht den fertigen Plan, der bloß durchgeführt werden müßte. Es gibt den individuellen Übergang, den Übergang von einem Ort zu anderen, ausgestattet mit einer inneren Systematik, die eine jeweilige und einzigartige Ordnung erzeugt, die der Sinn und Zweck des Ganzen ist und seinen spezifischen Ausdruck und Ausdrucksgehalt ausmacht.

 

Carolin Kropff bedient sich eigener druckgraphischer Arbeiten als Ausgangsmaterial. Die ausgebildete Herrenmaßschneiderin zerschneidet diese in geometrische Formen, wie Sechsecke, Dreiecke und Romben, und fügt diese zu autonomen Gebilden, Figuren zusammen. Dabei geht es um Passungsverhältnisse formaler wie farblicher Natur – die einzelnen Teile müssen zueinander passen und ebenso zu dem Ganzen, das sich daraus ergibt. Das Wesentliche ist die Kombination und diese muß gefunden werden. Bei „Sterkie“ etwa (eine der drei gezeigten Arbeiten aus der Serie „Tales“ von 2022/2023, 25 x 59 cm), das frei, ungerahmt an der Stirnwand hängende Objekt, ergeben rotbraune Flächen und Flächenanteile eine mittlere fast ovalförmige Form, die an den Seiten mit schwarzen zackenförmigen Formen versehen ist, die wieder einen weißen Rahmen besitzen. Unten befindet sich eine Form, die als eine Art Verankerung verstanden werden kann, aber auch als eine Form des ergänzenden Abschlusses. Oben nun befindet sich ein anders gelagerter Teil des Gebildes, das mit bräunlichen Farbtönen und Weiß versehen ist, lockerer und zugleich sich flächenmäßig mehr ausbreitend. Trotz der Verschiedenheit des oberen und des darunterliegenden Teils ergibt sich kein Spannungsverhältnis, sondern eine Ergänzung, die der Richtung von oben nach unten oder umgekehrt entspricht.

Das Faszinierende dieser Vorgehensweise ist, daß der Farbzusammenhang nicht dem Zusammenhang der geometrischen Teile entspricht und doch auch nicht widerspricht. Bei aller Offenheit im Einzelnen ergibt sich eine strenge Komposition, die dem Betrachter in einem jeweils ganz eigenen Charakter entgegentritt.  Es wird hier Gegensätzliches vereint, wie das Weiche und Warme mit dem Spitzen und eher Kaltem. Der Betrachter mag auf gegenständliche Assoziationen sinnen, so ganz aber damit nicht zurande kommen. Bei „Shine“ (40 x 59 cm) haben wir es mit einer Kombination von zwei vielleicht blütenartigen Gebilden zu tun, die obere leichter, mit roter zentrierter Mitte, die untere dunkel, mit einem unscharf abgegrenzten Rot. Bei dem vornehmlich blau, grau gehaltenen „Terould“ (40 x 59 cm, beide Arbeiten sind gerahmt präsentiert) haben wir es mit einer turmartig aufragenden Form zu tun, die räumlich gegliedert scheint, unten eine eher grünlich, beige gehaltene Sockelzone besitzt und sich oben ins Helle hinein lichtet. Auch bei dieser künstlerischen Methode ist ein Spielraum gegeben, der ins Unendliche geht. Auch hier haben wir es mit einem jeweils ganz eigenen Ausdrucksgehalt zu tun. Hier ist es eine eigentümlich Strenge, die zugleich ganz spezifisch emotional berührt und sich durch Klarheit und Deutlichkeit auszeichnet. Es sind Figuren, die für sich dastehen und als solche dem Betrachter entgegentreten.

 

 

                                                                                                          Angelica Horn

                                                                                                          © Frankfurt am Main 2023

Mit freundlicher Unterstütznung des Kulturamt Frankfurt.

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