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Werkstattgespräche: Reden und Machen

  • 14. Mai
  • 2 Min. Lesezeit

Aktualisiert: vor 7 Tagen



„Die Idee kommt beim Sprechen.“ – Heinrich von KleistÜber das allmähliche Verfertigen der Gedanken beim Reden

Was passiert, wenn wir das Reden nicht nur als Mittel zum Austausch, sondern als Werkzeug zum Denken begreifen? Wenn wir das Machen nicht nur als Produktion, sondern als Erkenntnisprozess verstehen? Genau an dieser Schnittstelle bewegen sich die Werkstattgespräche – eine Mischung aus Artist Talk, thematischem Workshop und gemeinschaftlichem Experimentierraum.


Die Werkstattgespräche öffnen einen Raum, in dem künstlerische Praxis und handwerkliches Wissen in Beziehung zueinander treten. Es wird nicht nur über Kunst gesprochen, sondern auch durch das Machen reflektiert: mit den Händen, mit Materialien, im Dialog miteinander.

Die Themen variieren – es geht um Farbe in der Malerei, um Textil als künstlerisches Material, Wolle und Klima, um Autorenschaft, soziale Praxis oder feministische Perspektiven. Immer aber geht es auch um das Miteinander: ums Teilen von Zeit, Erfahrung und Inspiration.


Vor einiger Zeit habe ich die MasterClass von Cornel West (amerikanischer Philosoph, politischer Aktivist, Schauspieler) angeschaut, in der er über Philosophie spricht – nicht als abstrakte Schule des Denkens, sondern als praktischen Leitfaden, der unser Leben prägen kann.

Wenn ich Philosophie und Kunst gleichstelle – und das ist nicht ungewöhnlich, denn man spricht von der Wahrheit in der Philosophie und ihrem Äquivalent in der Kunst, der Schönheit – verstehe ich seine Ausführungen als inspirierende Beschreibung dessen, was Kunst im besten Fall leisten kann.

Wenn wir seine Definition annehmen, dann hinterlassen wir beim Kunstmachen einen Fingerabdruck unseres Selbstund unserer Beziehung zur Welt. Mit den Mitteln der Kunst untersuchen wir, was uns ausmacht, was wir denken und wie wir fühlen – und was uns unverwechselbar macht, ohne dabei die Verbindung zum größeren Ganzen zu verlieren.

Wenn wir ehrlich zu uns selbst bleiben, erleben wir den Moment des Schaffens als Moment kreativer Freude – als Introspektion und Ausdruck zugleich.


Das allmähliche Herstellen von Dingen beim Machen und das allmähliche Verfertigen von Gedanken beim Reden ist eine perfekte Kombination – und eine Einladung, sich selbst und andere kennenzulernen, sowie die Dinge der Welt in Beziehung zu setzen zu dem, was vor uns liegt: in unseren Händen, im Raum, im Gespräch.

Jedes Werkstattgespräch bringt neue Gäste, Perspektiven und Methoden mit – und lädt dazu ein, eigene Spuren zu hinterlassen.

In diesem Sinne sind die Werkstattgespräche auch ein Gegenentwurf zur Schnelllebigkeit – sie laden ein zum Verweilen, zum Zuhören, zum Anfassen. Und zum gemeinsamen Fragenstellen.


Bleibt die Frage: Gibt es einen roten Faden?Vielleicht ist er gerade das, was zwischen den Händen und im Gespräch entsteht. Vielleicht liegt er im gemeinsamen Tun – oder in der Erlaubnis, dass Dinge sich entwickeln dürfen, ohne schon definiert zu sein.

Die Werkstattgespräche sind kein klassisches Workshopformat. Sie sind Denkraum, Begegnungsraum, Handlungsraum. Und ein Statement: Dass Kunst nicht nur im Atelier beginnt, sondern auch im Alltag, im Gespräch. Und dass das gemeinsame Machen ein Weg sein kann, uns selbst – und einander – besser zu verstehen.


Das Bild oben entstand in Felicity Browns Atelier in Norwich.



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